Dienstag, 28. Oktober 2008

Unerschöpfliche Diskussion um Handel mit gebrauchter Software (Teil 3)


Teil 2 beschäftigte sich mit dem Argument, das urheberrechtliche Vervielfältigungsrecht des Rechtsinhabers stehe den Eintritt der Erschöpfung bei gebrauchter Software im Wege und verhindere somit eine wirksame Veräußerung, da es keinen gutgläubigen Erwerb an nicht erteilten Nutzungsrechten geben kann wie im Sachenrecht. Weiterhin wurde diskutiert, ob diese Konsequenzen mit der ständigen Rechtsprechung des BGH, der bei Standardsoftware gerade von einer solchen Sachqualiät ausgeht, überhaupt kompatibel sind.
In diesem dritten und vorerst letzten Teil geht es um die Wirkung vertraglicher Nutzungsbeschränkungen und Weitergabeverbote.

Welche gängigen Nutzungsbeschränkungen kennt das Vertragsrecht bei Kauf von Software? Sind diese als Regelungen in AGB oder wenigstens individualvertraglich haltbar?

Nutzungsart

AGB/

Individuell

CPU-Klausel/Cluster-Lizenz
Nutzungserlaubnis nur auf einem bestimmten Rechner oder Zusammenschluss von Rechnern; Weiterverkauf nur mit diesen zusammen

(-)Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB -> Verschaffung eigentümerähnlicher Stellung -> wesentlicher Gedanken des Kaufrechts

(+) Nur in einem Vertrag nach Mietrecht. Dann tritt keine Erschöpfung gemäß § 69 c Nr3 Satz 2 UrhG ein

Vertrieb OEM

Vertriebsform, in der Software nur zusammen mit einem PC veräußert werden soll

(betrifft sinnvollerweise nur den Zweitvertrieb!)

(-) Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB -> Erschöpfungsgrundsatz in
§ 69 c Nr3 Satz 2 UrhG ist wesentlicher Grundgedanke des Urheberrechts -> unangemessene Benachteiligung

bei Zweitvertrieb
(+) BGH: für Erstvertrieb nur mit Wirkung zwischen Vertragspartnern

(-) Schon beim zweiten Verkauf tritt Erschöpfung gemäß § 69 c Nr3 Satz 2 UrhG ein!

(+) Bei Erstvertrieb nur mit Wirkung zwischen Vertragspartnern

Floating licenses

Bestimmte Zahl von Nutzern, die das Programm gleichzeitig nutzen dürfen

(+) Für Erstvertrieb nur mit Wirkung zwischen Vertragspartnern

(-) Bei Zweitvertrieb Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB -> Erschöpfungsgrundsatz in
§ 69 c Nr3 Satz 2 UrhG -> unangemessene Benachteiligung

(-) Schon beim zweiten Verkauf tritt Erschöpfung gemäß § 69 c Nr3 Satz 2 UrhG ein!

(+) Bei Erstvertrieb nur mit Wirkung zwischen Vertragspartnern

Software metering

Vergütung abhängig von tatsächlichen Nutzung

(+) Für Erstvertrieb nur mit Wirkung zwischen Vertragspartnern

(-) Bei Zweitvertrieb Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB -> Erschöpfungsgrundsatz in
§ 69 c Nr3 Satz 2 UrhG -> unangemessene Benachteiligung

(-) Schon beim zweiten Verkauf tritt Erschöpfung gemäß § 69 c Nr3 Satz 2 UrhG ein!

(+) Bei Erstvertrieb nur mit Wirkung zwischen Vertragspartnern

Standort-/ Konzernlizenzen

Keine Weitergabe an betriebsfremde Käufer

(-) Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB -> Erschöpfungsgrundsatz in
§ 69 c Nr3 Satz 2 UrhG -> unangemessene Benachteiligung

bei Zweitvertrieb

(+) Nur in einem Vertrag nach Mietrecht

Territoriale Veräußerungsbeschränkungen

Ausschluss bestimmter Länder vom Vertrieb

(-) Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB -> Erschöpfungsgrundsatz in
§ 69 c Nr3 Satz 2 UrhG -> unangemessene Benachteiligung

bei Zweitvertrieb, wenn Ausschluss eines Landes aus EU-Wirtschaftsraum;

(+) für andere Länder

(-) Schon beim zweiten Verkauf tritt Erschöpfung gemäß § 69 c Nr3 Satz 2 UrhG im europäischen Wirtschaftsraum ein!

(+)für andere Länder

Zustimmungsvorbehalt

Weiterveräußerung nur mit Zustimmung des Rechtsinhabers gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 UrhG

(+)Höchstens, wenn ausschließlich aus wichtigem Grund Verweigerung möglich ist und auch nur mit Wirkung inter partes

(+) Aber ohne Einfluss auf Erschöpfung beim Zweitverkauf

Informationspflichten

Name des Zweitkäufers soll genannt o.a. dieser auf Nutzungsbeschränkungen festgelegt werden.

(+) Beim ersten Vertragspartner, aber ohne Einfluss auf weiteren Vertrieb

(+) Aber ohne Einfluss auf Erschöpfung beim Zweitverkauf


§Auf gut Deutsch§
Vertragliche Nutzungsbeschränkungen und Weiterveräußerungsverbote können individualvertraglich beim Erstvertrieb mit dem ersten Vertragspartner mit schuldrechtlicher Wirkung nur
zwischen diesen beiden Parteien vereinbart werden. In AGB sind solche Klauseln allerdings unangemessen und daher unwirksam. Die Weiterverbreitung der Software vermögen sie keineswegs zu verhindern, wenn Erschöpfung an einem Vervielfältigungsstück eingetreten ist.

Fazit:

Der Rechtsinhaber der Software hat nur bei Vertragskonstruktionen mit mietrechtlichem Charakter die Chance, den Verbleib seiner gebrauchten Standardsoftware rechtlich sauber zu kontrollieren. Dafür müsste er die strengeren mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften in Kauf nehmen, die es ihm v.a. verwehren, zusätzlich lukrative Pflegeverträge abzuschließen, weil er kostenlose Fehlerbeseitigung schuldet, damit in Verzug geraten und auch noch schadensersatzpflichtig werden kann. Auch könnte der Erwerber in einem solchen Falle möglicherweise kündigen. Zumindest hätte er Anspruch auf Mietminderung.

©Marcella Katharina Morelj 25.10.2008

Foto pixelio.de/Klicker