Samstag, 15. März 2008

BGH schiebt Riegel vor Abzocke von DSL-Kunden!
Wesentliche Vertragsinhalte und Preise können nicht ohne weiteres durch AGB geändert werden!

Der DSL-Markt ist heiß umkämpft. Jede Woche tauchen Angebote auf, die phantastische Bandbreiten zu verlockenden Flatrates versprechen. Verständlich, dass sich die Unternehmen Sorgen um die Margen machen, wenn sie konkurrenzfähig bleiben wollen. Gewiefte Produktmanager drehen da gerne mal an der Vertragsschraube, um Kunden nachhaltig zu binden.

Wozu hat man schließlich AGB’s, wenn nicht, um alle Eventualitäten abzusichern, sogar das Kalkulationsrisiko, das Unternehmer normalerweise selbst tragen.

Die T-AG hatte daher in ihren AGB’s folgende zwei Klauseln aufgenommen, die es dem Anbieter von DSL-Produkten und -Dienstleistungen erleichtern sollten, Preise und Leistungen ohne triftigen Grund anzupassen, frei nach dem Motto, „Was schert mich mein Vertrag von gestern!“:

  1. „Die T-AG behält sich das Recht vor, den Inhalt dieser AGB oder der jeweiligen Leistungsbeschreibungen und Preislisten, Sondervereinbarungen und Online-Anzeigen anzupassen, soweit dies dem Kunden zumutbar ist.
  2. Die T-AG ist des weiteren berechtigt, diese AGB oder die jeweilige Leistungs- und Produktbeschreibung mit einer Frist von 6 Wochen im Voraus zu ändern. Die jeweilige Änderung wird die T-AG dem Kunden per Email oder schriftlich bekannt geben. Gleichzeitig wird der Kunde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die jeweilige Änderung Gegenstand des zwischen den Vertragsparteien bestehenden Vertrages wird, wenn der Kunde dieser Änderung nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Bekanntgabe der Änderung per Email oder schriftlich widerspricht. Widerspricht der Kunde, hat jede Partei das Recht, den Vertrag mit der für eine ordentliche Kündigung geltenden Frist per Email oder schriftlich zu kündigen.“

Doch seit der Entscheidung des BGH vom 11.10.2007 (III ZR 63/07) sind diese Zeiten vorbei. Denn der erklärte diese für unwirksam.

Entgegen § 307 Abs. 1 BGB benachteiligen Sie nämlich den Kunden unangemessen und verstoßen gegen das dortige Transparenzgebot, selbst wenn ein „außergewöhnlich großer, unvorhersehbarer technischer Wandel berücksichtigt werden müsste“, so O-Ton des BGH im Leitsatz!

Auf § gut Deutsch § bedeutet das:
Der DSL-Anbieter darf nicht nach Vertragsschluss wesentliche Inhalte der Vertragsbedingungen wie Umfang der Dienstleistungen oder Produktfeatures ohne triftigen Grund ändern. Irrelevant ist, wo das geregelt wird (AGB’s, Vertrag), selbst Online-Anzeigen dürfen nicht geändert werden, wenn im Vertrag darauf Bezug genommen wird.

Das ist nur ausnahmsweise möglich, wenn es sich um folgende Fallgruppen handelt:

· Unvorhersehbare Veränderungen, die der Verwender nicht veranlasst und auf die er auch keinen Einfluss hat, durch die das vertragliche Gleichgewicht erheblich gestört wird.

· Regelungslücken oder Schwierigkeiten bei der Durchführung des Vertrags, die nur durch Anpassung beseitigt werden können.

Dabei muss sich die Reichweite der Anpassungsbefugnis aus der Klausel selbst ergeben. Der Kunde muss vorhersehen können, in welchen Bereichen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang er mit Änderungen zu rechnen hat!

Das gilt ebenso für Preisanpassungsklauseln, die nur zulässig sind, wenn konkrete, belegbare Kostensteigerungen vorliegen.

Fazit:

Was sich bereits in der Rechtsprechung zu Versicherungsvertragsrecht[1] durchgesetzt hat, ist auch auf die IT-Branche anzuwenden. Vertragsänderungen wesentlicher Vertragsinhalte dürfen nur ausnahmsweise vorgenommen werden. Der Kunde muss sich auf konkrete Fälle einstellen können. Das kann er nicht, wenn pauschale Klauseln der Willkür des Anbieters Tür und Tor öffnen. Dem hat der BGH jetzt einen Riegel vorgeschoben und das ist gut so und gilt sicher nicht nur für DSL-Anschlüsse![2]

Bild © pixelio.de/BirgitH

[1] Dabei geht der BGH in seinem Urteil vom 23.01.2008 (AZ IV ZR 169/06) zu Krankenversicherungsverträgen noch weiter und verbietet sogar Anpassungen bei Änderung höchstrichterlicher Rechtsprechung oder Auslegungszweifeln! Das wird hier ebenso zu werten sein.

[2] Auch im Medienrecht hat sich die BGH-Rechtsprechung verfestigt, wie das Urteil vom 15.11.2007 - ZR III 247/06 zeigt: Hier erklärte der BGH ähnlich unbestimmte Preisanpassungs- und Leistungsänderungsklauseln im Rahmen von Abonnementverträgen für Bezahlfernsehen für unwirksam.