Freitag, 13. Juni 2008

Und ewig lockt die Projektbefristung!
BAG bestätigt enge Grenzen für wiederholte projektbedingte Befristungen von Arbeitsverträgen


Wie MittelstandDirekt am 10.06.2008 berichtete, http://www.mittelstanddirekt.de/c178/m187/um220/d4429/default.html?suchen
=befristete%20Besch%C3%A4ftigungsverh%C3%A4ltnisse
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nehmen in Deutschland befristete Beschäftigungsverhältnisse immer mehr zu. Von den 29,1 Millionen Arbeitnehmern im Jahr 2006 waren 3,06 Millionen befristet angestellt. Ein Jahr zuvor waren es lt. dort zitierten Berichts des Bundestages noch 2,74 Millionen gewesen, bei 28,18 Millionen Beschäftigten insgesamt.

Auch in der IT-Branche weckte das TzBfG[1] Begehrlichkeiten bei den Arbeitgebern, ihr unternehmerisches Risiko, zu dem die Auftragslage nun mal untrennbar gehört, ganz auf die Arbeitnehmer abzuwälzen und sie nur solange zu beschäftigen, wie Projekte und etwaige Nachfolgeprojekte ihrer Arbeitskraft bedurften.

Nur allzu gerne vereinbarte man hierfür gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG Projektbefristungen und vergaß dabei in aller Euphorie, dass der gesetzlich normierte Befristungsgrund der „vorübergehende betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung“ und nicht der in einem einzelnen Projekt ist, also am Gesamtbedarf des Unternehmens zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu messen ist. Dabei besteht das tägliche Brot des Unternehmers gerade darin, Nachfolgeaufträge an Land ziehen zu müssen, um das Geschäft mittelfristig erfolgreich zu machen. Folglich kann die Auftragslage nicht maßgeblich den betrieblichen Bedarf bestimmen.

Die beschriebene Vorgehensweise geht solange gut, bis ein Kläger seinen Richter sucht und findet. Glücklicherweise gibt es immer wieder beharrliche Betroffene, die sogar den Weg bis zum BAG nicht scheuen, um Rechtsklarheit zu erhalten, wie z.B. eine Projektassistentin, die bei der ESA dem wiederholten Verschieben des Starts einer Ariane-Rakete zum Opfer gefallen war.

Dieser Projektassistentin ist es zu verdanken, dass das BAG[2] noch einmal seine Grundsätze zur Projektbefristung aufzeigen und bekräftigen konnte und musste.

Sollte das TzBfG nicht für einen flexibleren Arbeitsmarkt sorgen?
Ja, doch der Schuss ging nach hinten los, zumindest was die Sachgrundbefristungen anbelangt.
Der Gesetzgeber war zu Recht nicht bereit, den Bestandsschutz für Arbeitnehmer aus Art. 12 Abs. 1 GG völlig über Bord zu werfen. Nicht nur der Wortlaut der Nr. 1, auch eine verfassungskonforme Interpretation des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 – 8 TzBfG verbietet geradezu eine vereinfachte Einordnung der Projektdauer als gleichwertiges Argument, das nicht als Regelbeispiel aufgeführt wurde und daher direkt unter § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zu subsumieren wäre.

§§ Auf gut Deutsch §§

Der Gesetzgeber hat nicht vergessen, dass Arbeitgeber am liebsten nur noch projektbezogen Arbeitnehmer einstellen und wieder entlassen würden, sondern sich bei der Regelung rechtswirksamer Begründungen für eine Befristung dezidiert dagegen ausgesprochen.

Dafür hat er die sachgrundlosen Befristungsmöglichkeiten für tarifliche Lösungen zu Ungunsten von Arbeitnehmern gelockert, also die Befristung von Beschäftigungsverhältnissen, die keiner Begründung bedürfen und konsequenterweise die Tariföffnung nicht tariflich organisierter Arbeitgeber gemäß §§ 14 Abs. 2 Satz 3,4 und 22 Abs. 2[3] TzBfG erlaubt.

Geht jetzt doch ein bisschen was, z.B. wenn das Projekt nur (noch)ein paar Monate dauert?
Ja, wenn man den Grund für die Befristung nicht benennt und sich vertraglich an einem gültigen Tarifvertrag in seinem Tarifvertragsgebiet orientiert, selbst wenn man nicht tarifgebunden ist.

Im Übrigen sind die Möglichkeiten für konkrete Projektbefristungen sehr eingeschränkt:

Bei den Projektaufgaben darf es sich nur um vorübergehende Zusatzaufgaben handeln, die nicht zu den Dauer- und Pflichtaufgaben des Unternehmers gehören. Projekte, in denen der Unternehmer sein betriebliches Ziel verfolgt, z.B. IT-Projekte eines Systemhauses, fallen grundsätzlich nicht darunter. Denkbar wäre höchstens die Anforderung eines internationalen Projektpartners, die einmalig, z.B. im Ausland, erfüllt werden müsste und deshalb zusätzlichen betrieblichen Aufwand erfordert, z.B. wegen abweichender ausländischer Bestimmungen.

Wenn es sich um einen Annexvertrag zu einer vorhergehenden rechtswirksamen Sachbefristung handelt. Dieser liegt nur dann vor, wenn in dem Anschlussvertrag lediglich eine verhältnismäßig geringfügige Korrektur des Endzeitpunktes vorgenommen wird, diese Korrektur sich am Sachgrund für die Befristung des früheren Vertrags orientiert und allein in der Anpassung der ursprünglich vereinbarten Vertragslaufzeit an erst später eintretende, zum Zeitpunkt des vorangegangenen Vertragsabschlusses nicht vorhersehbare Umstände besteht. Eine Verlängerung um 1/3, wie bei dem ESA-Fall, beispielsweise gilt nicht mehr als geringfügig.

Fazit:

Da ganz besonders in der Zeitarbeitsbranche von der Möglichkeit der tariflichen Abweichung zu Ungunsten der Arbeitnehmer bei sachgrundlosen Befristungen bei Anzahl und Gesamtbefristungsdauer rege Gebrauch gemacht wurde, dürfte den Arbeitgebern genügend Flexibilität in der Vertragsgestaltung zur Verfügung stehen.

Für Arbeitnehmer, die einen sicheren Arbeitsplatz zu schätzen wüssten, ist es nur ein schwacher Trost, dass das BAG die Möglichkeiten der begründeten Befristungen nach wie vor restriktiv behandelt.

[1] Teilzeit- und Befristungsgesetz

[2][2] BAG vom 7.1.2007 7 AZR 484/06, Vorinstanz LAG Köln

[3]für den Öffentlichen Dienst